Herr und Frau Sabathi, Ihre Lagen sind inzwischen international bekannt und haben eine ganze Reihe an Auszeichnungen erhalten. Lässt einen das die Anstrengungen der Arbeit auf einigen der steilsten Weinberge Österreichs am Ende des Jahres wieder vergessen?
Patrizia & Erwin Sabathi: Die Anstrengungen sind durch die mühevolle Handarbeit immer präsent. Doch ebendiese mühevolle Handarbeit, das Arbeiten bis an die körperlichen Grenzen, schafft Respekt, Achtsamkeit und vor allem ganz große Weine. Und auch der Rebstock liebt Grenzwerte: Bei uns sind es steile Lagen, karge Böden, große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Die Anstrengungen vergisst man nicht, aber der Kundenzuspruch und die Erfolge bestätigen unseren eingeschlagenen Weg und das stärkt uns sehr. Und je größer die Herausforderungen sind, desto größere Erfolge kann man schließlich erringen. Auch ein Skirennläufer fährt nur unter Extrembedingungen imposante Gewinne ein. Zusammengefasst: Großartige Weine brauchen Grenzwertigkeit!
Zwei Ihrer Steckenpferde sind der Chardonnay und der Sauvignon Blanc. Was macht Ihre Rieden so geeignet für diese beiden französischen Rebsorten?
Patrizia & Erwin Sabathi: Es sind vor allem das Terroir und die Art unserer Bewirtschaftung. Wir sind fast alleinige Bewirtschafter am Pössnitzberg und unsere dortigen Lagen haben Bodenverhältnisse, die in Österreich einzigartig sind und jenen gleichen, die die Weine auch in ihrer ursprünglichen Heimat so groß werden lassen: extrem karge, kalkhaltige Böden in Kombination mit weiteren besonderen Bodenstrukturen, die so auch im Burgund vorherrschen.
Apropos Böden: Für Sie spielt das Terroir, also die Summe aus geologischen und klimatischen Bedingungen, eine größere Rolle als die Rebsorten. Was ist das Besondere am Terroir Pössnitzberg und was liefert es den Weinen, das die Rebsorten alleine nicht bieten können?
Patrizia & Erwin Sabathi: Weingärten mit grandiosen Bodenverhältnissen zu besitzen reicht allein nicht aus. Eine ebenso wichtige Komponente ist die Art unserer Bewirtschaftung, denn Terroir basiert auf Klima, Boden und auf dem Menschen, der diesen bearbeitet. Geologie, Boden und Klima ergeben eine eigenständige Mikroorganismenmischung. Studien belegen, dass man anhand von Mikroorganismen im Traubensaft die Herkunft zuordnen kann – so ergeben sich die gebietstypischen Aromen, Stile und Riedenpotenziale. Wir setzen auf naturnahes Bodenmanagement und arbeiten zu 100 Prozent biologisch. Auch die Gärung erfolgt ausnahmslos mit eigenen Weingartenhefen, um das Terroir unmittelbar zu transportieren. Wenn man das natürliche Weinwerden begleitet, möglichst wenig Einfluss in natürliche Prozesse nimmt, dann beinhaltet dieser Wein die größte nachvollziehbare Herkunft. Und genau darauf basiert unsere Philosophie: Unsere Weine sind Ausdruck unseres Terroirs.
Sie haben 20 von 20 Punkten für Ihren Sauvignon Blanc Ried Pössnitzberger Kapelle 2015 vom renommierten Weinkritiker René Gabriel erhalten. Er sprach dabei von einem önologischen Violinkonzert für die ganz große Oper. Was macht diesen Wein für Sie so besonders?
Erwin Sabathi: Die hierfür penibel selektierten Trauben stammen von einer ganz besonderen Weingartenparzelle am Pössnitzberg. Sie sind aufgrund der langsamen Reife und der noch kargeren Bodenverhältnisse einzigartig. Ein weiterer, sehr wesentlicher Faktor ist die Handwerkskunst selbst.
Patrizia Sabathi: Feinheit, Eleganz und Finessenreichtum. Aber es ist schwierig, einen Wein, für den man so großartige Auszeichnungen erhalten hat, in eigenen Worten zu beschreiben. Ich möchte das Zitat von René Gabriel daher mit zwei weiteren umrahmen: Till Ehrlich vom Weinmagazin FINE spricht davon, dass man die Konzentration des Weins nicht spürt, so fein ist sie verwoben. Willi Balanjuk wiederum attestiert dem Wein, dass er der Ausdruck des steirischen Sauvignon Blancs in Perfektion ist, mit einer engmaschigen Struktur, die man sonst nur von der Loire kennt.
Trotz enormer Steillagen betreiben Sie Ihren Weinbau biologisch, samt entsprechender Zertifizierung. Wie ist biologische Bewirtschaftung bei solchen Neigungswinkeln überhaupt möglich?
Patrizia & Erwin Sabathi: Für uns zählt vor allem, im Einklang mit der Natur und mit großem Bedacht auf den Umweltschutz zu arbeiten. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umstellung auf biologischen Weinbau ist das Interesse an den ursprünglichen Lebensräumen und Abläufen der Natur und der Wille, in der täglichen Arbeit respektvoll damit umzugehen. Aufgrund der extremen Steilheit unserer Weingärten ist oft nur eine händische Bewirtschaftung möglich. Grundsätzlich wird das Gras zwischen den Rebzeilen sowie auch unter den Rebstöcken in den steilsten unserer Weingärten unter enormem Körpereinsatz händisch mit der Sense gemäht. Unterstützend setzen wir Schafe der Rasse „Krainer Steinschaf“ ein. Das Mähen und das Mulchen erfolgen somit auf die natürlichste Art. Nachdem wir all unsere Weingärten biologisch bewirtschaften, stehen den Schafen zahlreiche Gräser und Kräuter zur Verfügung. Unsere Schafe grasen sanft, somit wird die Grasnarbe nicht verletzt. Durch die Schafbeine wird der Boden nicht verdichtet und die Pflanzensamen sanft in die Bodenoberfläche eingetreten. Durch das Weiden mit Schafen erfolgt eine natürliche Düngung unserer Böden, die Biodiversität wird erhöht.