Abstammung und Typizität
Heute ist Sangiovese in ganz Mittelitalien verbreitet, sein Zentrum bleibt aber die Toskana. Lange Zeit hielt man Sangiovese für eine urtoskanische Rebsorte – bis DNA-Analysen des bekannten Rebforschers José Vouillamoz 2004 ans Licht brachten, dass Sangiovese ziemlich sicher eine natürliche Kreuzung von Ciliegiolo und Calabrese di Montenuovo ist. Ciliegiolo ist eine alte toskanische Sorte, aber die Beteiligung von Calabrese di Montenuovo, eine Rarität aus der Gegend um Neapel mit Ursprung in Kalabrien, war doch eine große Überraschung. Von der enormen Verbreitung und Bedeutung des Sangiovese in Italien zeugen über 100 Synonyme und viele lokale Klon-Varianten. Auch Brunello, wie Sangiovese in Montalcino genannt wird, und Prugnolo Gentile, wie man in Montepulciano sagt, sind lokale Spielarten der Sorte.
Sangiovese ist relativ ertragreich, was seiner Beliebtheit natürlich nicht geschadet hat. Für Probleme im Weingarten sorgt aber die Anfälligkeit der Trauben für Fäulnis, da die Beerenschalen sehr dünn sind. Zudem reift Sangiovese spät und langsam aus. Er ergibt grundsätzlich etwas hellere, kirsch- bis rubinrote Weine, die traditionell mit reichlich Tannin und gutem Säuregehalt ausgestattet waren, sich heute aber viel zugänglicher und geschmeidiger präsentieren als früher, da perfekt ausgereifte Trauben die Regel sind. Als charakteristische Sangiovese-Frucht gilt die Sauerkirsche, auch Noten von Veilchen, Kräuterwürze sowie Tabak und Marzipan sind typisch. Das markante Tannin- und Säuregerüst von Sangiovese animierte schon immer dazu, die Weine zur Abrundung mit einem kleinen Anteil anderer Rebsorten zu verschneiden. Für Chianti kamen dafür auch Weißweinsorten zum Einsatz, heute sind es vor allem regionale, aber auch internationale Rotweinsorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot.