Sauvignon Superstar

Autorin: Daniela Dejnega
Sauvignon Blanc ist ein Weltstar und Weltbürger. Die Sorte hat in vielen Ländern der Erde ein Zuhause gefunden und ist weiterhin im Aufwind. Ihre vielseitige Aromatik findet in unterschiedlichen Stilen ihren Ausdruck, wirkt aber immer einprägsam und vertritt einen klaren Sortencharakter.
Sauvignon Blanc ist eine herrliche Rebsorte. Sie bietet Frische, riecht und schmeckt intensiv und ist mit ihrer eigenständigen Aromatik auch für WeineinsteigerInnen unschwer wiederzuerkennen. Allein deshalb ist sie beliebt. Sauvignon Blanc erzählt aber auch von seiner Herkunft, von seinem Terroir, und sein aromatisches Profil variiert je nach Anbaugebiet.
Von Paprika bis Katzenpipi
Grundsätzlich zeigt Sauvignon Blanc seine charakteristischen Aromen in großer Bandbreite. „Grüne“ Eindrücke reichen von frischem Gras über grüne Paprika, Brennnesseln und Spargel bis zu würzigen Kräutern und Limetten. Die pflanzlichen Noten gehen auf die Aromagruppe der Methoxypyrazine zurück, verkürzt auch „Pyrazine“ genannt. Je nach Witterung, Wuchsstärke der Reben, Besonnung und Reifegrad der Trauben bei der Ernte kommen sie in unterschiedlicher Menge vor. Ein kühleres Klima und mehr Beschattung der Trauben bedeuten in der Regel einen höheren Gehalt an Pyrazinen.
Das Aromaprofil von Sauvignon Blanc bestimmt weiters die Gruppe der Thiole. Typisch sind Noten von Schwarzen Johannisbeeren, Stachelbeeren und Holunder bis hin zu Grapefruit, Maracuja und anderen exotischen Früchten. Außerdem kommt ein Aroma ins Spiel, von dem man im Zusammenhang mit Wein lieber nichts hören möchte, in manchen Fällen aber doch im Sauvignon Blanc wahrnehmbar ist: Katzenurin oder „cat’s pee“. Dafür braucht es eine sehr hohe Konzentration des Thiols mit der offiziellen Abkürzung 4MMP. Wie immer gilt: Geruchswahrnehmungen sind höchst individuell, und was für den einen schon nicht mehr akzeptabel ist, kann für den anderen noch die Komplexität des Weines erhöhen.
Sauvignon Around The World
Global gibt es mehr als 120.000 Hektar Sauvignon Blanc. In der Statistik der Anbauflächen liegt Sauvignon damit auf Platz acht und unter den Weißweinsorten sogar auf Rang drei – hinter Airén (Brandy-Sorte in Spanien) und dem omnipräsenten Chardonnay. Die Sauvignon-Fläche wächst weltweit weiter, denn der Geschmack der Sorte entspricht dem Zeitgeist, der animierende Frische und eine ausdrucksstarke Aromatik bevorzugt.
In Frankreich, wo Sauvignon Blanc seinen Ursprung hat, nimmt er fast 30.000 Hektar ein – 3,7 Prozent der Gesamtrebfläche. Im Riesling-Land Deutschland haben sich seine Weingärten innerhalb von zehn Jahren verdreifacht und kamen 2020 auf 1.660 Hektar. In Österreich stehen knapp 1.500 Hektar Sauvignon, vor allem in der Steiermark. Auch im Nordosten Italiens hat der Sauvignon einen Schwerpunkt; an insgesamt 3.800 Hektar besitzt das Friaul den größten Anteil und auch Südtirol fällt mit seinen kraftvollen Sauvignons auf. In der Neuen Welt steht bekanntermaßen Neuseeland an der Spitze, aber auch in Südafrika, Kalifornien, Chile und Australien gibt es jeweils tausende Hektar Sauvignon Blanc.
Französische Finesse

Frankreich
In Frankreich sind das Loire-Tal, Bordeaux und Languedoc-Roussillon die wichtigsten Anbaugebiete für Sauvignon Blanc. Sancerre und Pouilly-Fumé heißen seine berühmtesten Appellationen an der Loire, wo er von kalkhaltigen Böden feinaromatische Weine mit stahliger Frische und markanter Mineralität hervorbringt. Die Sauvignons der Loire besitzen keine marktschreierisch laute Aromatik, sondern glänzen durch Eleganz und Subtilität.
Der saftige Pouilly-Fumé En Travertin von Henri Bourgeois steht idealtypisch für diese Herkunft. Vielfältige Aromen nach Stachelbeeren, Zitrus und Heu trägt ein frischer Säurebogen und feine rauchige Mineralität. In Sancerre wächst zu 80 Prozent Sauvignon Blanc (3.000 Hektar). Der tiefgründige und reichhaltige Sancerre La Bourgeoise zeichnet sich durch den perfekt abgestimmten Holzeinsatz aus.
Auch im Süden Frankreichs wächst heute jede Menge Sauvignon Blanc. In Languedoc-Roussillon hat sich seine Fläche während der vergangenen 20 Jahre auf über 8.800 Hektar verdoppelt. Auch weiter im Westen, an den Côtes de Gascogne, ist der Sauvignon im Aufwind und nahm zuletzt 2.800 Hektar ein. Oft wird er hier mit den regionalen Sorten Colombard oder Gros Manseng verschnitten.
Weniger als ein Drittel der Côtes de Gascogne sind reinsortige Sauvignon Blancs wie der knackig-frische Côtes de Gascogne von der Winzergenossenschaft Plaimont, der typische Leichtigkeit bei guter Extraktfülle ausstrahlt.
Österreich auf dem Weg zur Spitze

Österreich
Auf der Suche nach Fruchtintensität und Vielschichtigkeit gepaart mit Frische und Leichtfüßigkeit kommt man am österreichischen Sauvignon kaum vorbei. In der hügeligen Steiermark gibt es 900 Hektar. Besonders in der Südsteiermark gilt Sauvignon Blanc als Leitsorte und die talentierten Winzer und Winzerinnen bringen unverkennbar terroirgeprägte Weine hervor.
Das steirische Cool-Climate sorgt für Frische und viel Spannung am Gaumen. Die Sauvignon-Stile reichen vom leichten und erfrischenden Gebietswein mit grünwürzigen Aromen bis zum kraftvollen, im Holz ausgebauten Riedenwein, der von reifen Zitrusfrüchten und fülliger Exotik geprägt ist.
Karge Kalkmergelböden bringen eine markante Mineralität in die Weine, wie sie zum Beispiel in Erwin Sabathis „Opok“ spürbar wird, viel mehr aber noch in seinem Lagen-Sauvignon von der Ried Schlossberg. Tements einzigartiger Sauvignon Blanc Ried Sulz Illgitsch Granbarrel reifte im Granitfass. Der straffe und fokussierte Wein benötigt viel Luft und entwickelt im großen Glas einen rauchigen Duft mit Kräuternoten und frischer Exotik am Gaumen.
Neue Welt

Neuseeland
In Neuseeland wurden 1973 die ersten Sauvignon-Blanc-Reben in Marlborough gepflanzt. Heute ist die Sorte ein Exportschlager und das Aushängeschild des gesamten neuseeländischen Weinbaus. Sie nimmt mit 25.300 Hektar etwa 63 Prozent der Gesamtrebfläche ein. Vor allem auf der Südinsel ist das kühle und sonnige Klima ideal. Auch aus Hawke’s Bay, Nelson oder Canterbury stammen herrliche Sauvignons, aber der Klassiker bleibt Marlborough.
Die intensive Aromatik des Marlborough-Stils springt sofort in die Nase – extrem grasige und fruchtig-würzige Noten, von grünem Paprika über Stachelbeeren bis zu tropischen Früchten wie Maracuja und Litschi. In Kombination mit der knackigen Säure und der enormen Saftigkeit gelangte er zu Weltruhm. Den Sauvignon von Nautilus sollten sich Liebhaber dieses Stils keinesfalls entgehen lassen. In der Oberliga spielt der Dog Point Sauvignon Blanc Section 94, ebenfalls aus Marlborough. Edel, dicht, rauchig und mit Holzeinsatz zählt er wohl zu den spannendsten Sauvignons der Welt.

Chile
Chile besitzt 15.142 Hektar Sauvignon Blanc. Der Anteil von etwa elf Prozent macht ihn zur wichtigsten Weißweinsorte des Landes. Er kam im 19. Jahrhundert nach Chile, bedeutende Entwicklungen fanden aber erst Ende der Achtzigerjahre und zu Beginn des 21. Jahrhunderts statt, als neue Klone aus Frankreich und den USA auftauchten. Heute ist er nach Cabernet Sauvignon die zweithäufigste Rebsorte und in ganz Chile verbreitet – tonangebende Aromen sind Äpfel, Zitrusfrüchte und tropische Noten.
Der Sauvignon Blanc Grey von Ventisquero, einer der modernsten Weinkellereien Chiles, kommt aus dem warmen und trockenen Norden des Landes. Er beweist, dass selbst in der Wüstenlandschaft der Atacama Weinbau möglich ist – bewässert werden die Reben mit Schmelzwasser von den Anden. Der Wein, teilweise im Holzfass vergoren, zeigt überraschende Frische, feine exotische und grasige Aromen.

Argentinien
Obwohl Weißwein in Argentinien noch lange nicht den Status von Rotwein genießt, gibt es Rückenwind für die weißen Sorten und ganz besonders für den Sauvignon Blanc, der derzeit 2.000 Hektar einnimmt (ein Prozent der argentinischen Rebfläche). Im Trend liegt dabei der Weinbau in großer Höhenlage, wo eine kühle intensive Aromatik, brillante Frucht und Frische entsteht.
Zu den höchstgelegenen Rebflächen der Welt zählen jene im Calchaquí-Tal im Nordwesten Argentiniens. Hier wächst der gehaltvolle Sauvignon Blanc Lote Especial des Weinguts Colomé auf bis zu 3.111 Meter über dem Meeresspiegel. In atemberaubender Berglandschaft erfreuen sich die Reben an 350 Sonnentagen im Jahr und liefern einen ungeheuer ausdrucksstarken Sauvignon.
Geheimtipps aus Europa

Italien, Deutschland, Spanien & Slowenien
Für alle, die wirklich tief in die Materie eintauchen möchten und das Gefühl haben, die vielfältigen Sauvignons aus Österreich, Frankreich und der Neuen Welt schon zur Genüge zu kennen, haben wir noch ein paar wunderbare Geheimtipps auf Lager, die sich mit ihren eigenständigen Stilen über die nationalen Grenzen hinaus Fangemeinden in der ganzen Welt erarbeitet haben.
Als vorbildliches Cool-Climate-Gebiet ist Südtirol geradezu prädestiniert für den Anbau von Sauvignon Blanc. Hier ist es kein Fluss oder Meer, das die notwendige Kühle in den Weingarten bringt, sondern – ähnlich wie in der Steiermark, aber auch in Chile und Argentinien – das harsche Bergklima in erhöhten Lagen. Dadurch entwickeln hochwertige Sauvignons aus der Region, wie die Sauvignon Blancs Winkl und Quarz von der Kellerei Terlan, komplexe Aromen und eine feine Säure, sodass die Rebsorte offiziell in die Verordnung der „Südtirol Terlaner DOC“ aufgenommen wurde.
Ebenfalls aus Italien, aber etwas weiter südwestlich, nämlich aus dem Piemont, stammt der Alteni di Brassica, den die weltberühmte Winzerfamilie Gaja in einem Gebiet keltert, das in erster Linie für Rotwein berühmt ist. Mit der Rekultivierung der Rebsorte im Jahr 1983 schrieb Angelo Gaja wieder einmal Geschichte und produziert seither einen Sauvignon Blanc, der sich hinsichtlich seiner Präzision und Spannung mit den besten Sortenvertretern der Welt messen kann.
Deutschlands zweitgrößtes Weinbaugebiet, die Pfalz, ist eigentlich ein absolutes Riesling-Mekka. Dass hier aus der Hand des Weinguts von Winning auch Sauvignon entsteht, liegt an der Faszination des Weinguts mit weißen Bordeaux, an denen man sich hier stilistisch gerne orientiert. Der Sauvignon Blanc II ist im Gegensatz zu anderen Sauvignons des Hauses allerdings nicht im Fass ausgebaut, sondern im Stahltank, was ihn wunderbar frisch und zugänglich macht.
Ein großer Preis-Leistungs-Geheimtipp ist der Sauvignon Blanc Fosilni Breg von der Domaine Ciringa. Nicht nur wird das Weingut von Familie Tement geführt, die einige der besten Sauvignons Österreichs produzieren, sondern auch die Lage ist die Fortsetzung der weltweit gefeierten Lage Zieregg in Slowenien. Trotzdem legt die Familie Wert darauf, die slowenischen Weine nach einem eigenen Stil zu vinifizieren, der sie spannend und eigenständig macht.
Last but not least: Der Sauvignon Blanc von Finca Bacara zeigt, dass es auch im heißen Murcia an der spanischen Ostküste möglich ist, präzisen Sauvignon Blanc herzustellen. Durch das Abwarten des richtigen Erntezeitpunkts, händische Lese in den frühen Morgen- und späten Abendstunden und genaueste Selektion der Beeren entsteht auch hier ein eleganter Weißwein mit aromatischer Komplexität.